Werke von Glazunow, Schostakowitsch und Rachmaninow, dargeboten von Weltklasse-Cellist David Geringas und Pianist Ian Fountain, eröffneten am Samstag die 55. Interlaken Classics.
Der litauische Cellist David Geringas gehört zu den weltbesten und vielseitigsten Musikern unserer Zeit. An den Interlaken Classics ist er ein immer wieder gern gesehener und gehörter Interpret. Der bescheiden wirkende Musiker verfügt über ein ungewöhnlich breites Repertoire, gerne widmet er sich den Werken russischer Komponisten. Gemeinsam mit dem temperamentvollen und einfühlsamen britischen Jungpianisten Ian Fountain bildet Geringas ein perfektes Duo. Ohne Pathos und Profilierungsdrang stellen sich die beiden Ausnahmekönner in den Dienst der Musik, und die Harmonie zwischen ihnen ist es, welche berührt und fasziniert.
Russische Spätromantik
Auf dem Programm standen in diesem Jahr ausschliesslich Werke russischer Komponisten wie Alexander Glazunow, Dmitri Schostakowitsch und Sergej Rachmaninow. Allen drei gemeinsam ist die Liebe zur russischen Heimat, die sie in ihren Werken nie verleugnen aber ganz unterschiedlich interpretieren. Glazunow war als ältester der drei Komponisten in jungen Jahren noch der Spätromantik verpflichtet. In den kleinen und sehr melodischen Stücken «Elegie op. 17», «Romanze ohne Worte», «Chant du ménestrel op. 71» und «Sérénade espagnole op. 20, Nr. 2» offenbarten die beiden Musiker ihre Affinität zu dieser Zeitepoche mit einem gefühlsbetonten Spiel. Dmitri Schostakowitsch ist einer der bekanntesten Komponisten des 20. Jahrhunderts, ein Tonschöpfer voller Gegensätze. Die «Sonate d-Moll, op. 40» ist in den zwei ersten Sätzen geprägt von folkloristischen Elementen, manchmal orientalisch eingefärbt. Im Schlusssatz herrscht das Groteske vor, gespickt mit Ironie. In diesem oft gehörten Werk konnten die beiden Musiker ihre beeindruckende Vielseitigkeit ausleben, die Zuhörer dankten es mit Bravorufen.
Die «Cellosonate in g-Moll, op. 19» wurde im Dezember 1901 in Moskau uraufgeführt. Sergej Rachmaninow, selber ein begnadeter Pianist, spielte den Klavierpart, und schon bei der Uraufführung wie auch über 100 Jahre später kommt man als Zuhörender nicht vom Eindruck weg, dass Rachmaninow das Klavier in den Vordergrund stellt und nicht das Cello. Umso bemerkenswerter war die Interpretation von David Geringas und Ian Fountain, die dem virtuosen Werk ihren Stempel aufsetzten. Sie gaben beiden Instrumenten gleichermassen ihren Stellenwert, ohne den Willen des Komponisten zu schmälern. Das Konzert im «La Salle de Versailles» im Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa zeigte auf, wie beglückend zwei Meister gemeinsam musizieren können, wenn sie Virtuosität ausschliesslich der Musik widmen.