Sie beginnt mit einem Epilog — einer Musik, die Alfred Schnittke dem Rezensenten gegenüber als Echo auf die Erfahrung der Todesnähe nach seinem ersten Schlaganfall 1985 bezeichnet hat: Diese Aufnahme haben David und Tatjana Geringas 1998 (Schnittke ist am 3.8.98 gestorben) begonnen. Die Einspielung wirkt vom ersten bis zum letzten Ton als ein sehr persönliches, atmosphärisch hoch verdichtetes und künstlerisch tief beeindruckendes «In Memoriam»-Recital für den Verstorbenen. David Geringas fesselt durch einen schlackenlos intensiven, sehr direkten Cello-Ton, ohne irgendwo gewollt Druck zu machen. Tatjana Geringas agiert ebenfalls direkt und kompromißlos, findet dabei aber viele zwischen der Intensität von Glockenschlägen und tastenden Klangtupfern changierende Varianten.
In der vom Komponisten selbst hergestellten Fassung für Cello, Klavier und Tonband (mit dem Chor der Uraufführung) hat der Epilog zum Ballett Peer Gynt (Choreographie: John Neumeier) seinen Charakter geändert. Das gut 20minütige Adagio, das auf der Bühne als kollektives Ewigkeits-Erlebnis dargestellt wurde, erscheint nun als eine sehr individuelle Angelegenheit von vor allem lyrisch-elegischem, aber auch leidenschaftlich aufbegehrendem Charakter: Das Cello monologisiert, grundiert von Klavier-Akkorden und sphärischem Chorgesang. Dieses Monologisieren findet in Schnittkes zweiter Cellosonate (1993/94) eine Fortsetzung, ja Zuspitzung: Das Klavier liefert nurmehr Fragmente, kurze Einwürfe aus der Cello-Umwelt.
Musica nostalgica (1992) ist ein augenzwinkerndes Gelegenheitswerk, ursprünglich für Mstislav Rostropowitsch geschrieben, in dem (wie in Schnittkes Stille Nacht) ein «gefälschtes» altes Menuett wie in einem gebrochenen Spiegel reflektiert und fragmentiert wird.
Abgeschlossen wird die CD von Schnittkes erster Cellosonate aus dem Jahr 1978. Verwandt mit Schnittkes Violakonzert, ist es — in den langsamen Ecksätzen wie im Presto-Mittelsatz — von ruheloser Gehetztheit, von nervösem Suchen, von aufbegehrendem Widerstand geprägt. Das Ehepaar Geringas zeigt hier auch in Sachen Streitkultur, daß es produktiv zu dialogisieren versteht.
Marginale Abstriche sind am Klangbild zu machen (das Klavier wirkt mitunter «gedeckelt»). Insgesamt eine faszinierende Aufnahme.