Elschenbroich, 1985 in Frankfurt geboren, gilt als einer der talentiertesten Cellisten seiner Generation. Mit Dirigenten wie Valery Gergiev, Semyon Bychkov oder Manfred Honeck arbeitete er bereits erfolgreich zusammen.
Foto: Felix Broede
Wenn nur alles so üppig sprießen würde wie der Nachwuchs an Cello-Solisten! Wer in dieser Champions League mitspielen will, muss sich allerdings schnell profilieren, da die Literatur für Cello solo nicht unendlich vorhanden ist. Der 1985 in Frankfurt geborene Cellist Leonard Elschenbroich punktete 2009 beim Schleswig-Holstein Musikfestival und gewann dort den Bernstein-Preis. Sein Paarlauf mit Anne-Sophie Mutter im Brahms-Doppelkonzert unter Christoph Eschenbachs Leitung überzeugte, der junge Mann wuchs zu einem international angesehenen Virtuosen heran. CDs von ihm gibt es noch nicht viele, aber seine neue Veröffentlichung mit russischer Kammermusik bestätigt den Ruf von Elschenbroichs elegantem Celloton.
Leonard Elschenbroich spielt im Sikovetsky-Trio (mit Nicola Benedetti/Violine und Alexei Grynyuk/Klavier) auch Kammermusik. Er spielt ein antikes Cello von Matteo Goffriller (Venedig 1693), das vor ihm in Diensten von Leonard Rose stand.
Die Sonate op. 19 von Sergej Rachmaninow bietet diesem Ton nun beste Entfaltungsmöglichkeiten. Kleine Reibereien inbegriffen: Man hört dem Klavierpart hier jederzeit an, dass der Komponist selbst als prankenfester Tastentitan unterwegs war. Der Cellist muss schon selbstbewusst zugreifen und einen sicheren Strich gegen die Wucht des Pianos aufbieten. Elschenbroich antwortet nicht mit Gewalt, sondern mit sanglichem, biegsamen Ton — was zu einer ungemein packenden Symbiose aus Sentiment und Kraft wie im dramatischen Allegro scherzando der Sonate führt. Mehr als nur einen Begleitpart spielt der auftrumpfende Alexei Grynyuk (seit einigen Jahren schon mit Elschenbroich aktiv), der die eloquenten Linien von Rachmaninows Klaviersatz pointiert herausarbeitet: Beide profitieren von diesem Teamwork. Ergebnis: Sieg in vier munteren Sätzen, bis hin zum beseelt perlenden Allegro mosso.
Der britische Pianist Ian Fountain konzertierte bereits als Gast großer Orchester wie dem London Symphony (mit Sir Colin Davis), dem Israel Philharmonic (Zubin Metha) oder dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. Er ist ebenso gefragter Kammermusik-Partner und hat neben David Geringas auch mit Ulf Hoelscher (Violine) und dem Emperor Quartett gearbeitet.
Inspiration kam eventuell auch aus deutschen Landen: Wenn auch Leonard Elschenbroich kein Schüler des im Hamburg lebenden litauischen Cellisten David Geringas ist, so mag sein biegsamer Ton dem älteren Meister abgelauscht sein. Geringas’ jugendlich frische Einspielungen der sechs Bach-Suiten von 2011 sind noch in lebhafter Erinnerung. Ebenfalls mit Klavier als Sekundanz spielte er nun ein gleichfalls eigenwilliges Programm namens «Pohádka» ein, das seinen Klangsinn und seine sportive Brillanz dieses Mal in spätromantischem Gewand vorführt. Die Kompositionen von Dvorak, Suk, Janacek und — Achtung — Gustav Mahler gehören nicht zum gängigen Repertoire. Ein großer Spaß, denn diese zwei Instrumentalisten teilen ihre Entdeckerfreude mit Temperament und überlegener Spieltechnik.
David Geringas, 1946 in Vilnius/Litauen geboren, ist heute als Dirigent fast ebenso erfolgreich und gefragt wie als Cellist. In diesem Sommer wird er unter anderem beim Musikfest in Passau mehrere Produktionen präsentieren.
Foto: Judith Schlosse
Diese kammermusikalische Version von bekannten Kompositionen wie den «Kindertotenliedern» oder dem bewegenden «Ich bin der Welt abhanden gekommen» aus den Rückert-Liedern fordert von den Interpreten die Entwicklung eines eigenen Mahler-Tones, denn Kammermusik gibt es vom Komponisten praktisch nicht. Dass dies so überzeugend gelingt, geht auch auf das Konto des britischen Pianisten Ian Fountain, der 1989 mit 19 Jahren als jüngster Pianist den Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv gewann. Wunderbar ergänzen sich sein kraftvolles, expressives Klavierspiel mit Geringas’ federn-leichtem Cello-Ausdruck. Wie so oft bei perfekten Paaren: Gegensätze ziehen sich in diesem Kammermusik-Match nicht nur an, sondern verstärken die Wirkung — ein altersunabhängiges Phänomen.