Für drei Streichinstrumente komponiert, dann für Klavier mit begleitendem Violoncello umgeschrieben wird Beethovens op. 3 schließlich zu einer Rarität unter den Cello-Sonaten. Der russische Starcellist David Geringas und sein Klavierpartner Ian Fountain spielen diese kunstvolle Bearbeitung. Der Mitschnitt stammt aus einem Ettlinger Schlosskonzert vom 21.02.2010.
In einschlägigen Kammermusikführern sucht man vergeblich nach einer Sonate für Violoncello und Klavier Es-Dur op. 64 von Ludwig van Beethoven, und das aus einem einzigen Grund: Sie ist überhaupt keine Cellosonate. In die Reihe der fünf ‚echten‘ Sonaten zählt die nach dem Streichtrio op. 3 bearbeitete Es-Dur-Sonate trotz ihrer hohen Opuszahl 64 zu Beethovens frühsten Kompositionen. Das Streichtrio op. 3 wurde 1796 veröffentlicht, wenige Jahre nach Beethovens Übersiedlung von Bonn nach Wien, wo er sich als freier Pianist und Komponist einen Namen zu machen versuchte. Mit sechs Sätzen – wovon allein zwei Menuette tänzerischen Charakter haben – handelt es sich bei diesem Streichtrio eher um eine Serenade oder um ein Divertimento als um eine Sonate. Und in der Cello-Fassung ist dieser Charakter beibehalten worden. Generell werden alle frühen Streichtrios Beethovens als ‚Vorläufer‘ zum Streichquartettschaffen gesehen. In der Konzentration auf die reduzierte Besetzung mit Violoncello und Klavier stellt op. 3 seinerseits eine Verdichtung dar und ist darüber hinaus natürlich ein reizvoller Beitrag zur Violoncello-Literatur.
Wer der Sonate Es-Dur für Violoncello und Klavier ihre ‚überhöhte‘ Opuszahl verlieh – entweder Beethoven persönlich oder sein Wiener Verlagshaus Artaria – ist nicht bekannt. Jedenfalls erschien sie 1807 offiziell als Bearbeitung des Streichtrios als „Grande Sonate pour le Forte-Piano avec accompt. de Violoncelle obbligé (tiré du Grand Trio pour le Violon Oeuv. 3me), par Louis van Beethoven No. 64“, ohne in dieser Ankündigung zu behaupten, dass die Bearbeitung vom Komponisten selbst stammt. Da die Bearbeitung aber sehr kunstvoll ist, spricht vieles dafür, dass sie, wenn nicht von Beethoven selbst, zumindest unter seinen Augen vorgenommen wurde.
Am traditionsreichen Moskauer Konservatorium studierte David Geringas von 1963 bis 1973 bei Mstislav Rostropovich, und in dieser Zeit gewann er sowohl den 1. Preis als auch die Goldmedaille beim Tschaikowsky-Wettbewerb. Längst gilt er als einer der namhaftesten Cellisten unserer Zeit und musiziert weltweit mit vielen bedeutenden Orchestern und Dirigenten. Seine umfangreiche Diskographie bietet zahlreiche Aufnahmen, die mit Schallplattenpreisen hohen Ranges ausgezeichnet wurden, darunter den Grand Prix du Disque für die Aufnahme der 12 Cellokonzerte von Luigi Boccherini, den Diapason d´Or d´Année für Kammermusik von Henri Dutilleux und den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik für seine Einspielung der Cellokonzerte von Hans Pfitzner.
David Geringas stammt aus Litauen, was ihn dazu veranlasst, viele Werke der russischen und litauischen Avantgarde als erster Musiker im Westen aufzuführen. Für sein weltweites Engagement für litauische Musik und ihre Komponisten erhielt er höchste Auszeichnungen seines Landes. David Geringas ist Professor an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Außerdem ist er Ehrenprofessor am Moskauer Konservatorium und am Zentralkonservatorium für Musik Peking sowie Ehrendoktor der Musik und Theater Akademie Litauens.
Namhafte zeitgenössische Komponisten wie Sofia Gubaidulina, Ned Rorem, Peteris Vasks und Erkki-Sven Tüür haben David Geringas Werke gewidmet.
Ian Fountain begann im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel, sang als Chorknabe am „New College“ in Oxford und studierte später am „Winchester College“ sowie am „Royal Northern College of Music“. 1989 startete der englische Pianist seine internationale Karriere, als er im Alter von 19 Jahren jüngster Preisträger des Arthur Rubinstein-Klavierwettbewerbs in Tel Aviv wurde.
Seit dieser Zeit spielt Ian Fountain in ganz Europa, den USA, im Mittleren Osten und in Großbritannien mit Orchestern wie dem London Symphony Orchestra unter Sir Colin Davis, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, der Israelischen Philharmonie unter Zubin Mehta, dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin und dem Singapore Symphony Orchestra.
Als Kammermusiker verbindet Ian Fountain eine langjährige Zusammenarbeit mit Musikern wie Ulf Hoelscher und David Geringas, dem Mandelringquartett und dem Emperor Quartet. 2001 wurde Ian Fountain als Professor für Klavier an die Royal Academy of Music in London berufen.