Zweimal hochintensive Streicher-Kammermusik im Angesicht von Krieg und Zerstörung – aber wie unterscheiden sich die Perspektiven! Walter Braunfels (1882 – 1954), der als Halbjude 1933 seinen Direktorenposten an der Kölner Musikhochschule aufgeben musste, harrte dennoch in Deutschland aus und überlebte; seine Rückkehr in die Hochschulleitungsposition im Jahre 1947 dürfte ein persönlicher Triumph für ihn gewesen sein. 1944 komponierte der aus Überzeugung zum Katholizismus Konvertierte als Bedrohter im zerstörten Deutschland ein Streichquintett, das nicht nur in puncto Besetzung an Schubert anknüpft. Auch der durchgängig ernste, existentiell tiefgründige Tonfall der Musik erinnert an das Ausdruckspotential des „späten“ Schubert – wenngleich Braunfels freilich mit moderneren musikalischen Mitteln arbeitet, mit einer chromatisch angereicherten, für kurze Momente immer wieder einmal fast bis zum Zerreißen angespannten, aber durch und durch tonalen Harmonik nämlich. Richard Strauss‘ „Metamorphosen“ entstanden im Jahre 1946. Ihre Ernsthaftigkeit, die zweifellos die späte Erschütterung des erfolgsverwöhnten, während der Nazizeit oftmals höchst naiv sich gebärdenden Komponisten widerspiegelt, ist angereichert mit typisch straussischem Blühen und Schwelgen, aber auch mit depressiven, resignativen Zügen. Die „Metamorphosen“, ursprünglich für 23 Solostreicher komponiert, erklingen auf dieser CD in einer erstaunlich dichten, zutiefst bewegenden Septett-Fassung von Rudolf Leopold. Das personell erweiterte „Gringolts Quartett“ beglückt den Hörer mit erstklassig durchstrukturiertem, faszinierend lebendigem Spiel und bringt mit erstaunlicher Wandlungsfähigkeit sowohl die Strauss’sche Klangverliebtheit wie auch die tendenzielle Rauigkeit und Spröde der Braunfels’schen Musik überzeugend zur Geltung: eine CD, die zu tiefem Hineintauchen nicht nur einlädt, sondern beinahe zwingt.