Kein Zweifel: Die großen Melodiebögen des Orchesters und der virtuose, gleichzeitig poetische Solopart machen aus dem Violinkonzert in D-Dur Ludwig van Beethovens ein immergrünes Highlight im Repertoire. Die Mischung aus leiser Melancholie und berstender Energie machen es zu einem Grundpfeiler des Kanons für Violinisten, populär beim Publikum, unwiderstehlich für den Virtuosen. Sicher, wie alle großen Konzerte ist es überspielt und eine Vielzahl von Einspielungen buhlen um die Aufmerksamkeit des Beethoven-Liebhabers. Aber wenn Thomas Albertus Irnberger seine Einspielung vorliegt, dann kann man davon ausgehen, dass es sich um eine bemerkenswerte Neuaufnahme handelt, zumal das Album durch die seltener zu hörenden Romanzen und durch das Tripelkonzert ergänzt wird. Und wenn bei letzterem das Solistentrio vom Cellisten David Geringas und dem Pianisten Michael Korstick komplettiert wird, darf man Großes erwarten. Hier musizieren drei der versiertesten Beethoven-Spezialisten unserer Zeit gemeinsam. Das brillante Royal Philharmonic Orchestra unter James Judd komplettiert ein wahrhaftes All-Star- nein ein All-Experts-Lineup.
Das Violinkonzert in D-Dur op. 61 bildet den Schwerpunkt der ersten SACD dieses Doppelalbums und Thomas Albertus Inbergers feiner, silbrig glänzender, perfekt intonierender Violinklang steht im Mittelpunkt der Aufnahme. Irnberger, der erst vor Kurzem eine mustergültige Aufnahme sämtlicher Violinsonaten (Gramola 99106) mit Michael Korstick am Klavier ablieferte, enttäuscht auch bei Beethovens einzigem Violinkonzert nicht. Sein hoch virtuoses, leidenschaftliches aber nicht aufdringliches Spiel elektrisiert das Orchester förmlich. Irnberger verzichtet auf übertriebene Gesten und selbstverliebtes Verzieren genauso wie auf unterkühltes Analysieren, er überlässt allein Beethovens Kunst den Vortritt. Die Freude am Spiel seiner Musik (auf kompromisslos hohem Niveau) steht bei Irnberger im Vordergrund. Noch etwas poetischer ist das im Grundton bei den beiden Romanzen opp. 40 & 50. Diese spielt der österreichische Violinist mit derselben Hingabe und Ernsthaftigkeit, wie das „große Konzert“. Selten hat man diese viel zu oft als „Nebenwerke“ abgetanen Kompositionen so konzentriert und liebevoll dargeboten bekommen. Ein gutes Stück dazu trägt auch das Royal Philharmonic Orchestra bei, das mit schlankem und wendigen Spiel die Romanzen in einen warmen Orchesterklang hüllt.
Das Tripelkonzert auf der zweiten SACD lebt von den Dialogen, die die Solisten untereinander und mit dem Orchester führen. Zum bereits eingespielten Duo Thomas Albertus Irnberger und Michael Korstick gesellt sich der Cellist David Geringas, mit dem Irnberger und Korstick bereits die beiden Klaviertrios Schuberts (Gramola 99110) aufgenommen haben und der sich mit seinem sanglichen Ton als idealer Trio- pardon, Tripelpartner erweist. Perlende Spielfreude und virtuose Momente wechseln sich in einem beschwingten, nahezu tänzerischen Grundrhythmus ab. Das Spiel des Solisten-Trios hat etwas ungemein Spontanes: Hier musizieren drei Ausnahmekünstler, die über denselben Humor (und denselben Zugang zu Beethoven) verfügen. Andere Aufnahmen mögen mit noch größeren, internationalen Namen aufwarten, hier spielen drei Freunde und ein bestens eingestelltes Orchester miteinander. Ein Album, das dem Beethoven-Freund viel Freude bereiten wird.