Thomas Albertus Irnberger, David Geringas und Michael Korstick haben Schuberts Klaviertrios aufgenommen. Das Resultat ist leider nur durchwachsen.
Schuberts Klaviertrios in Starbesetzung: Thomas Albertus Irnberger, David Geringas und Michael Korstick haben sich im Januar 2016 zusammengetan, um diese neue Doppel-CD aufzunehmen. Der erste Satz des B-Dur Trios mag in anderen Aufnahmen frischer klingen, der Schwung ist bei diesen drei Musikern etwas gebremst. Zweifellos Kalkül: Sie betonen auch in diesem eher heiteren Satz die düsteren Seiten stärker, die sich ja durchaus auch hier finden. Es darf ruhig auch mal etwas rau klingen, und das ist um so überzeugender, als die Artikulation schön präzise wirkt.
Der Flügel ist klanglich weiter entfernt als die Streicher, dennoch wirkt die Platte überall dort akustisch ziemlich eindrucksvoll, wo sich der Klang massiv zusammenballt. Bei den leiseren Stellen fällt das Ungleichgewicht zwischen Klavier und Streichern, die dann zu sehr im Vordergrund stehen, allerdings stärker auf. Etwas schade für den langsamen Satz, wobei dort das grundsätzliche Problem dazukommt, dass die Interpreten zwar immer ins Pianissimo gehen, wo dies in den Noten steht, es aber immer fast sofort wieder verlassen, noch bevor Schubert das nächste Crescendo schreibt. Dafür muss man vermutlich länger suchen, um so makellos schöne Violin- und Celloklänge zu finden.
Das Scherzo ist maßgeblich durch das Staccato und durch recht abrupte dynamische Wechsel geprägt. Beides wirkt hier jedoch nur halbwegs knackig, der Satz scheint daher nicht so frech und lebhaft, wie er sein könnte, zumal er im Tempo zwar nicht gerade ruhig, aber doch etwas gemäßigt gespielt wird. Auch im eigentlich heiter-spritzigen Finalrondo schließlich werden einige dramatische Aspekte besonders betont, doch das wiegt den Mangel an Schwung in diesem Satz nicht auf, und man kommt kaum umhin, die Wirkung als etwas schwerfällig zu bezeichnen, wenn man die Interpretation mit anderen Aufnahmen vergleicht, und zwar durchaus auch älteren, etwa einer bereits gut 50-jährigen, leichtfüßigen Version des Beaux Arts Trios.
Genau so geht es auch weiter im Es-Dur Trio op. 100: Alles etwas gemütlich im ersten Satz. Bei mittlerem Tempo, weder besonders schnell noch schleppend, wird besonders das Staccato nicht ganz ernst genommen, Akzente allenfalls ganz weich umgesetzt. Das ist bedauerlich, denn so wird großes Potential letztlich nicht voll ausgeschöpft: Klanglich spielen die drei Musiker wunderbar, die pauschale Artikulation und Dynamik stört aber. Dabei hat Michael Korstick in seinen Aufnahmen der Soloklavierwerke Schuberts gezeigt, was passiert, wenn man sich strikt an dessen Artikulationsanweisungen hält: Die Aufnahmen sind großartig.
Hier hält sich der Pianist wohl genauer an die Vorgaben aus dem Notentext als seine Partner. Ein Staccatoton etwa kann bei Thomas Albertus Irnberger, immer wieder zu hören im zweiten Satz, schon erstaunlich lange klingen. Dieser Satz offenbart die Mängel besonders deutlich, vielleicht gerade weil er auf Anhieb ganz wunderbar wirkt: Die Musiker können ihre klanglichen Stärken ausspielen, alles wirkt sehr ansprechend gestaltet. Doch bei genauerem Hinhören ist zwar ein fff sehr eindrucksvoll, ein ppp aber keineswegs. Eine Fortissimostelle wird nicht subito genommen, sondern mit Crescendo davor – Schubert schrieb sogar das Gegenteil, ein Diminuendo. Ein schwacher Trost ist dabei, dass es keine oder so gut wie keine Schubert-Aufnahmen gibt, bei denen nicht die selben Kritikpunkte vorzubringen wären, teils noch entschiedener. Leider wird hier das Ungleichgewicht zwischen Streichern (vor allem der Geige) und Klavier schlicht zum Missverhältnis. Die Künstler hätten ihr Veto beim Tonmeister einlegen sollen.
Gut gelungen ist das Scherzo, nicht besonders flott, aber mit Entschlossenheit. Großartig schließlich ist der Finalsatz gespielt. Dass der hier über 20 Minuten dauert, liegt daran, dass die Exposition wiederholt wird und zudem in der Durchführung einige Abschnitte gespielt werden, die Schubert selbst für den Druck gestrichen hat. Darauf hätte auch das Beiheft ruhig hinweisen dürfen, zumal Geiger Thomas Albertus Irnberger den Begleittext selbst geschrieben hat.
Zwei alleinstehende Sätze für Klaviertrio sind als Zugaben enthalten: Dem sogenannten Sonatensatz B-Dur fehlt wiederum die Leichtigkeit, ausgesprochen gut gelungen ist dagegen das ‘Notturno’, ein Adagio, das sehr ruhig gespielt wird, wo nötig auch mit großer Klangfülle, aber nicht forciert.