Fonoforum … in dieser Interpretation klingt alles auf ganz natürliche Weise verbindlich, hier geht es nicht um Effekte, sondern um tiefe Empfindung. Geringas hat eine Ebene der Gestaltung erreicht, die völlig durchlässig ist für die Botschaft der Musik, er ist frei davon, irgendetwas „hineinlegen“ zu wollen in seine Interpretation im Sinne eines individualistisch aufgesetzten Ausdruckswillens.
Bach spricht Es gibt Geiger und Cellisten, die sich nie durchringen können, eine Art „definitives“ Wort zu Bach zu sagen und dieses in einer Aufnahme niederzulegen. David Geringas gehört nicht zu ihnen. Er hat nun seine dritte Aufnahme der Solosuiten vorgelegt und damit, vielleicht kann man es so sagen, auch eine Art Summe seines Künstlerlebens gezogen. Ein Gedanke, der sich zumindest aufdrängt, denn in dieser Interpretation klingt alles auf ganz natürliche Weise verbindlich, hier geht es nicht um Effekte, sondern um tiefe Empfindung. Geringas hat eine Ebene der Gestaltung erreicht, die völlig durchlässig ist für die Botschaft der Musik, er ist frei davon, irgendetwas „hineinlegen“ zu wollen in seine Interpretation im Sinne eines individualistisch aufgesetzten Ausdruckswillens. Über der Aufnahme liegt etwas Beruhigendes, das kann man als das Ergebnis einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit der Materie deuten, was letztlich zu einer tiefen Vertrautheit führt, die auf den Hörer übergeht. Das Gestirn Bach steht wie ein Wegweiser über allen Komponisten, die sich zutrauen für Solocello zu schreiben. David Geringas hat für sein Bach-Projekt einige zeitgenössische Miniaturen ausgewählt und als kurze Kontrapunkte den einzelnen Bach-Suiten vorangestellt bzw. mit ihnen verbunden. Eine Wanderung zwischen musikhistorischen Welten, die aber durch Konzept verbunden sind. „Epilog“ und Schlusspunkt dieses kreativen Bach-Projektes ist das originelle Fragment aus „Gramata cellam“ des lettischen Komponisten Pēteris Vasks. Hier wird die Stimme des Cellisten als überraschendes Ausdrucksmittel einbezogen. Eine Besonderheit ist auch, dass in dieser Einspielung diverse Instrumente zu hören sind. Die Suiten Nr. 1 und Nr. 5 sowie alle zeitgenössischen Werke spielt Geringas auf einem Giovanni Battista Guadagnini von 1761, die Suiten Nr. 2, 3 und 4 erklingen auf einem Giuseppe Guarneri del Gesù von 1731, für die Suite Nr. 6 kam ein 1985 gebautes fünfsaitiges Cello von Hubert Schnorr zum Einsatz. Die Tontechnik hat den Klang der Instrumente sehr authentisch eingefangen. Der Begleittext von Lutz Lesle ist sehr informativ und lesenswert.
Quelle: www.fonoforum.de