“Es war einmal” … – dieser Anfang führt verlässlich in längst vergangenen Zeit, falls diese denn wirklich existiert hat. Dem Märchen widmet der Violoncellist David Geringas seine neue CD. Dabei präsentiert sich der Musiker wunderbar erzählend und tiefsinnig, aber niemals wie ein gutmeinender Opa, der die brisanten Aspekte in beschwichtigendem Ton zudeckt. Der Cellist führt zu rätselhaften Begebenheiten und in die Tiefe.
Es ist eine kluge und musikalisch stimmige Auswahl zum Thema Märchen. Neben einem Frühwerk Josef Suk stehen u. a. “Waldesruhe” von Antonin Dvorak und “Märchen” von Leoš Janáček. Der hat sich tatsächlich eine Erzählung als Vorlage für seine Komposition ausgewählt. Bei der Uraufführung von “Pohádka” in Brünn hat Janacek dem Publikum zuvor das Märchen vorgelesen. Allerdings ist es für das Verständnis nicht zwingend, den Handlungsverlauf zu kennen. Janaceks fast impressionistische Klanggebung bringt einen mit wenigen Tönen in eine Welt von Geheimnissen, Infragestellungen und Unsicherheiten.
Der Violoncellist David Geringas und sein fantastischer Begleiter Ian Fountain sind ausdrucksstarke Wegbegleiter auf dieser Erkundungstour. Sie scheuen weder harsche Zuspitzungen noch die besänftigende Melodie. Vor allem aber nehmen die beiden eine erzählende Haltung ein. Auch ohne Worte lassen sie uns tiefe Rätsel erleben und sogar verstehen!
Über die erzählerische Grundhaltung der Musiker fügen sich auch Lieder von Gustav Mahler in diesen überwiegend böhmisch-mährisch geprägten Klangraum ein. Mahlers für Violoncello transkribierte “Kindertotenlieder” gestaltet Geringas etwas betonter, deutlicher, als das ein Sänger tun würde – und ersetzt so das Wort. Der Tonumfang des Violoncellos entspricht ohnehin der menschlichen Stimme. Eine rundum gelungene CD. Oder treffender: Ende gut, alles gut.
Quelle: www.br.de